Buser, Matthias (2023). Soziale Integration im Vereinssport – Entstehung und Rolle struktureller Bedingungen. (Thesis). Universität Bern, Bern
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Abstract
Sportvereinen wird mit Blick auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund (MMH) vielfach eine soziale Funktion zugeschrieben. Studien haben beispielsweise auf das hohe Kontaktpotential einer Vereinsmitgliedschaft verwiesen. Gleichzeitig lassen Fremdheitserfahrungen in Vereinen und Ungleichheiten bei der Vereinspartizipation automatische Integrationspotentiale bezweifeln. Verschiedene Studien haben deshalb nach der individuellen Integration der Mitglieder in die organisationalen Zusammenhänge über die reine Mitgliedschaft hinaus gefragt. Dabei kann angenommen werden, dass Vereine in Abhängigkeit ihrer strukturellen Bedingungen (z.B. Vereinskultur) integrative Handlungen der Mitglieder in unterschiedlicher Art und Weise beeinflussen. Weil viele Funktionen der Sportvereine in den Teams verwirklicht werden, dürfte dies insbesondere auch auf die Strukturen der Teams zutreffen. Bislang fehlen aber Arbeiten, welche entsprechende Verknüpfungen vornehmen. Die vorliegende Dissertation fragt deshalb (1) nach der Rolle von strukturellen Bedingungen, insbesondere im Teamkontext, bei der individuellen Integration von Mitgliedern mit und ohne Migrationshintergrund im Verein. Weil Sportvereine in der Regel sportliche, aber kaum integrative Ziele verfolgen, untersucht die Dissertation ausserdem (2) wie es den Vereinen gelingen kann, integrative Bemühungen zuhanden von MMH strukturell zu verankern. Den Analysen liegt ein akteurtheoretischer Bezugsrahmen zugrunde, welcher die soziale Integration in einem heuristischen Mehrebenenmodell betrachtet und dafür integrative Handlungen der Mitglieder und strukturelle Bedingungen der Vereine und Teams verknüpft. Die individuelle Integration im Verein wird nach Hartmut Esser als soziale Integration der Mitglieder in den vier Dimensionen Kulturation, Interaktion, Identifikation und Platzierung konzeptualisiert, ergänzt um die Mitgliederbindung als dauerhafte Mitgliedschaft im Verein. Den ersten Zeitschriftenbeitrag ausgenommen basieren die Analysen auf dem Projekt «Soziale Integration in Schweizer Fussballvereinen», welches in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Fussballverband an der Universität Bern zwischen 2019 und 2021 umgesetzt wurde. Das Projekt vereint quantitative Daten von 42 Fussballvereinen, 145 Fussballteams und 1525 Mitgliedern und qualitative Interviews zur Entstehung integrativer Massnahmen und Strukturen in 18 Vereinen. In empirischen Mehrebenenmodellen zeigt sich die Bedeutung struktureller Bedingungen für die soziale Integration im Verein. Dabei verweisen innovative Dreiebenenmodellen auf die Bedeutung der Teamebene. Es zeigt sich, dass sich die Vereine in der sozialen Integration der Mitglieder relativ ähnlich sind, während zwischen den Teams bedeutsame Unterschiede auftreten. Gesellige Gelegenheiten im Team sowie eine passende Teamkultur (z.B. sozialer Zusammenhalt) erklären Teile dieser Unterschiede und können als zentrale Merkmale einer integrativen Teamstruktur betrachtet werden. Dies gilt für Mitglieder unabhängig vom Migrationshintergrund. Gleichzeitig zeigt sich, dass interkulturelle Vereinsstrukturen (z.B. weniger assimilative Vereinskultur) zur Integration von MMH in erster Generation beitragen können. Die qualitativen Fallstudien zeigen aber, dass sich die Vereine kaum systematisch mit der Integration von MMH auseinandersetzen und strukturelle Verankerungen integrativer Bemühungen nur in Ausnahmefällen und unter spezifischen Voraussetzungen entstehen. Die vorliegende Dissertation zeigt, dass viele Sportvereinsmitglieder soziale Beziehungen und Zugehörigkeiten im Verein aufbauen. Damit können soziale Leistungen der Vereine zumindest für die bestehenden Mitglieder grundsätzlich bestätigt werden. Die Dissertation zeigt aber darüber hinaus, dass diese Leistungen im Sinne eines wechselseitigen Integrationsverständnisses mit strukturellen Bedingungen in den Vereinen und Teams variieren. Auch wenn Unterschiede in der sozialen Integration relativ stark auf individuelle Merkmale der Mitglieder zurückgehen, bestätigt sich damit, dass die Integration im Verein als Mehrebenenmodell zu denken ist. Der Fokus auf den Sportverein als bislang primärer Kontext integrativer Handlungen sollte dabei um die Ebene des Sportteams und insbesondere mit Blick auf tatsächliche integrative Gelegenheiten und kulturelle Bedingungen ergänzt werden.
Item Type: | Thesis |
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Dissertation Type: | Cumulative |
Date of Defense: | 25 May 2023 |
Subjects: | 700 Arts > 790 Sports, games & entertainment |
Institute / Center: | 07 Faculty of Human Sciences > Institute of Sport Science (ISPW) |
Depositing User: | Hammer Igor |
Date Deposited: | 22 Oct 2024 13:50 |
Last Modified: | 22 Oct 2024 22:25 |
URI: | https://boristheses.unibe.ch/id/eprint/5521 |
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